Soziologie und Politologie hochentwickelter Gegenwartsgesellschaften
Mit der Gründung des Max-Planck-Instituts für Gesellschaftsforschung in Köln Ende 1984 setzte die Max-Planck-Gesellschaft ein empirisch-analytisches Paradigma sozialwissenschaftlicher Forschung. Damit distanzierten sich die Gründungsdirektorin Renate Mayntz, ihr Co-Direktor Fritz W. Scharpf und Mayntz‘ Nachfolger Wolfgang Streeck von politischer Ideologisierung sozialwissenschaftlichen Wissens und folgten einer an Max Webers Wertneutralitätsprinzip orientierten Forschungsagenda. In diesem Preprint wird die Zeit von der Gründung des Instituts bis zur Emeritierung von Mayntz 1997 behandelt. Schwerpunkte bilden das von Mayntz entwickelte Forschungsprogramm, dessen Umsetzung sowie die epistemischen Veränderungen, die mit der Wahl Streecks 1995 zum Nachfolger von Mayntz erfolgten.
Sozialwissenschaften und Demokratisierung im Kalten Krieg
Unter amerikanischem Einfluss wurden die Sozialwissenschaften Westdeutschlands im frühen Kalten Krieg massiv ausgebaut. Ausschlaggebend für diese Entwicklung war, dass sozialwissenschaftliches Wissen für den Demokratisierungsprozess verwendet werden konnte. Zwei soziale Gruppen waren an diesem Prozess maßgebend beteiligt: Aus ihrem Exil zurückgekehrte Sozialwissenschaftler und Akteure, die während des NS-Regimes Karriere gemacht und diese unter demokratischen Vorzeichen nach 1945 weiterführten. Das Buch erzählt die Geschichte der westdeutschen Sozialwissenschaften in der Nachkriegszeit als Verflechtungs- und Konfliktgeschichte dieser zwei Akteursgruppen.
Rezensionen: FAZ vom 08. Juli 2022; H-Soz-Kult vom 27. Oktober 2022; Historische Zeitschrift 315 (2022) 3, S. 831-833; TAZ vom 30. März 2023; Sehepunkte vom 21. Oktober 2023; German Studies Review 46 (2023) 3, S. 507-509; Soziopolis vom 07. Februar 2024.
Geschichte der Sozialwissenschaften im 19. und 20. Jahrhundert
Die Aufsätze dieses Bands gruppieren sich um drei analytische Zugänge: Sozialwissenschaftliche Idiome, Praktiken und Strukturen. Unter Einnahme einer transnationalen Perspektive zeigen die Beiträge, dass idiomatische Sprachprägungen, praxeologische Spezialisierung und strukturelle Schließungen zur Konstitution der ‘dritten Kultur’ der Sozialwissenschaften geführt haben, aus der heraus ein ganz spezifisches Wissen über das Soziale hervorging.
Rezensionen: VSWG 107 (2002) 4, S. 544-543; Socialnet, März 2021.
NS-Mediävalismus und Mittelalterforschung
NS-Ideologen verwendeten mittelalterliche Bauwerke wie Burgen für ihre Herrschaftspraxis, etwa als historische Bühnen für Rituale und Feiern oder als Metaphern für ihre Volks- und Raumpolitik. Burgenforscher sahen mit dem Machtwechsel 1933 daher eine Möglichkeit, ihre Forschung für das NS-Regime dienstbar zu machen, verbunden mit der Hoffnung, vermehrte finanzielle und wissenschaftspolitische Förderung zu erlangen. Das Buch erzählt die Geschichte der Burgenforschung als multidisziplinärer Forschungsansatz und fragt danach, ob ihre verstärkte Förderung durch das NS-Regime zu Konsolidierungseffekten in Hinblick auf eine Disziplinbildung geführt hatte.
Rezensionen: H-Soz-Kult vom 02. Dezember 2015; Badische Neueste Nachrichten vom 15. April 2015, S. 24; Das Historisch-Politische Buch 64 (2016) 6, S. 648-649; Zeitschrift für Ostmitteleuropa-Forschung 67 (2018) 4, S. 621-623.
Geschichte der Frankfurter Altertumswissenschaften, 1914-1950
Die Beiträge dieses Bands untersuchen die Frankfurter Altphilologen, Althistoriker und klassischen wie vorderasiatischen Archäologen von 1914 bis 1950 und behandeln erstmals deren Einstellungen und Verhaltensweisen gegenüber dem Nationalsozialismus. Ferner werden strukturelle und semantische Transformationen dieser Fächer nach dem Machtwechsel 1933 in den Blick genommen. Die Beiträge beruhen vornehmlich auf bisher wenig bekanntem Quellenmaterial aus dem Frankfurter Universitätsarchiv und anderen Archiven in Deutschland und Österreich.
Rezensionen: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 68 (2020) 5, S. 472-474; Bryn Mawr Classical Review vom 14. Oktober 2020; Historische Zeitschrift 311 (2020) 1, S. 156-157.
Peter von Haselbergs Untersuchung postnazistischer Mentalitäten in der Bundesrepublik
Peter von Haselbergs Studie über den Zusammenhang zwischen Schuldgefühl und Subjektkonstitution im postnationalsozialistischen Westdeutschland erscheint hier erstmals als eigenständige Monographie. Die Studie entstand im Rahmen des vom Frankfurter Institut für Sozialforschung 1950/51 durchgeführten ‘Gruppenexperiments’. Haselberg eröffnet damit bemerkenswerte Einblicke in die Gesellschafts- und Mentalitätsgeschichte der frühen Bundesrepublik.
Rezensionen: Glanz & Elend. Literatur und Zeitkritik vom 16. März 2021; Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 73 (2021), S. 163-166.
Theoretische und methodische Ansätze für eine neue Archäologiegeschichte
Der Band versammelt Aufsätze, die theoretische und methodische Zugriffe der Wissens- und Wissenschaftsgeschichte und der Science Studies dahingehend diskutieren, inwiefern diese für die Historiographie der archäologischen Wissenschaften verwendet werden können. Die Beiträge zeigen die Komplexität der archäologischen Praktiken anhand von Beispielen aus der Neuzeit und verdeutlichen, dass eine Anwendung von Methoden und theoretischen Perspektiven aus der Wissenschaftsforschung nur unter Anpassungen als sinnvolle analytische Zugänge für eine neue Archäologiegeschichte erscheinen.